Bielitz 1457 – 1772

Bielitz, in Böhmen verblieben, von den Teschener Piastenfürsten laufend mit Privilegien ausgestattet, hat sich erfreulich gut entwickelt. Von Stadtmauern umgeben, hatte es ein gemauertes Schloß aus der Hälfte des 14 Jh., errichtet an Stelle einer hölzernen kleinen Burg, sowie die steinerne St. Nikolauskirche, die seit 1447 statt der St. Stanislauskirche von Altbielitz die Pfarrkirche der Stadt war. Die Bewohner waren hauptsächlich Ackerbürger, jedoch schon im 15. Jh. entstanden die ersten Handwerkerzünfte. Vom Ende des Jahrhunderts entwickelte sich die Niedervorstadt am Nipperbach, in der zweiten Hälfte des 16. Jh. entstand die Obervorstadt entlang des Handelsweges nach Teschen.
1526 befand sich Bielitz, wie Schlesien und Böhmen auch, unter der Herrschaft der Habsburger und das für vier Jahrhunderte. 1572 wurde die Stadt mit der näheren Umgebung aus dem Fürstentum Teschen ausgegliedert und wurde eine sog. Minderstandsherrschaft, die direkt dem Königlichen Amt in Breslau untergeordnet war. Herren von Bielitz waren für die folgenden Jahre Karl Promnitz (1571-1582), Adam Schaffgotsch (1582-1592), die Familie Sunnegk (1592-1724). Die Eigentümer förderten die Stadtentwicklung insbesondere durch Stärkung des Handwerks, das sich in den Vorstädten ausbreitete. Erst entwickelte sich hier die Leinenweberei, jedoch spielte die Tuchmacherei in der Stadt die Hauptrolle, weil sie wegen der ausgezeichneten Wasserqualität und dem Überfluß an Wolle aus den Schafherden in den Bergen hervorragende Bedingungen vorfand. Die Zunft der Bielitzer Tuchmacher erhielt 1548 ihr erstes Privileg und ihre Gründer waren deutsche Weber aus Niederschlesien und anderen deutschen Landen.
Ab Mitte des 16 Jh. kam zu den verschiedenen Nationalitäten in der Stadt noch die neue Religion hinzu. Die Reformation fand im Teschener Schlesien ein lebhaftes Echo. Der hiesige Fürst Wenzel III. Adam trat 1545 offiziell zu den Lutheranern über, Bielitz wiederum war bald der stärkste Mittelpunkt dieses Bekenntnisse im Teschnerland. Die Vorausschau und die Arbeitsamkeit, die den Protestantismus kennzeichnet, trugen im bedeutenden Maße zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt an der Bialka bei. Die Zeit des 30jährigen Krieges (1618-1648) trug, trotz vielerlei Unbill, zur Weiterentwicklung der Tuchmacherei in Bielitz bei: in diese von den Kriegswirren entferntere und verschonte Stadt flüchteten in den kaiserlichen Ländern verfolgte protestantische Weber und ließen sich hier nieder. Aber auch hier war die Gegenreformation zu spüren. 1630 wurde in der Stadt ein katholischer Pfarrer eingesetzt und nachdem 1660 den Protestanten auch die Dreifaltigkeitskirche weggenommen wurde, waren sie gezwungen, ihre Gottesdienste nur insgeheim in Privatwohnungen oder in den stadtnahen Wäldern und Bergen abzuhalten. 1646 wurde Bielitz von den Schweden ausgeplündert, 1639 und 1664 wurde es ein Raub der Stadtbrände und 1682 überfielen es die ungarischen Rebellen von Tököly (Kuruz-zen). Trotz dieser casi fatales schritt die Entwicklung der Tuchmacherei weiter voran; sie hatte ihren größten Absatzmarkt in der Republik Polen. Der Tuchhandel mit diesem Lande wurde durch das Privileg des Königs Johann Kasimir, das die Bielitzer 1660 bekamen, gefördert. Um die Jahrhundertwende vom 17. zum 18. Jh. war Bielitz der Hauptplatz des Gewerbes vom Teschener Schlesien; die hiesigen Tuche galten als die besten in Schlesien und Böhmen.
Die Zeit der schärfsten Gegenreformation dauerte bis 1709, als da die Bielitzer Lutheraner Pfarrkinder der sog. Gnadenkirche in Teschen wurden, deren Bau sie maßgeblich unterstützten. Nach dem Tode des letzten Sunnegk 1724 übernahm Heinrich Wilhelm Solms die Herrschaft Bielitz (1726-1743), danach Friedrich Wilhelm Haugwitz (1743-1752) und schließlich ab 1752 die Fürstenfamilie Sulkowski. Zwei Jahre später erhob Kaiserin Maria Theresia Bielitz zum Herzogtum. Die Jahrhundertmitte brachte neuerliche Veränderungen der Grenzen. Österreich verlor 1742 den größten Teil Schlesiens an Preußen. Aus dem Rest schuf man das sog. Österreichische Schlesien zu dem die Gebiete Troppau und Teschen kamen. Nur wenige Kilometer nördlich entstand an der Weichsel die Grenze zu Preußen. Zumal sich im preußisch gewordenen Niederschlesien die Tucherzeugung konzentrierte, wuchs um so mehr die Bedeutung von Bielitz als das bei Österreich verbliebene Textilzentrum. 1749 gab es in der Stadt 280 Webmeister. Mit dem Zuwachs der Erzeugung wuchs zugleich die Qualität der Tuche. Schon zu Anfang des 18. Jh. entstanden hier die ersten Färbereien, die ein halbes Jahrhundert später nicht nur die Tuche am Ort, sondern auch die Erzeugnisse aus dem preußischen Oberschlesien färbten. 1748 entstand in Bielitz die Zunft der Tuchscherer. 1750 nahmen die Gebrüder Bartelmuß die erste Manufaktur in Betrieb, in der Wachstuche produziert wurden. 1760 ist die sog. Kronrasch-manufaktur der Firma Mänhardt vom Zunftzwang befreit worden, wodurch sie die erste „Fabrik” in der hiesigen Wollindustrie wurde. Den Verkauf der Fertigwaren übernahmen immer mehr Händler; neben dem Absatzmarkt in Polen richtete sich die Produktion immer stärker auf die Märkte in Ungarn und im türkischen Imperium aus. Die Türkei sollte in der Zukunft der wichtigste Absatzmarkt werden. Der wachsende Bedarf an Wolle führte dazu, dass in Bielitz die ersten jüdischen Wollhändler auftraten.
Die Einnahme Schlesiens durch Preußen bewirkte, dass sich die Grenze zwischen Polen und Österreich auf den Abschnitt der Bialka von Dzieditz bis Bistrai verkürzte. Durch Bielitz führte seitdem die einzige direkte Straße, die Wien mit Polen verband. So stieg die Stadt zum wichtigen Handelszentrum auf. Hier lief u.a. der Hauptweg des Viehtransports aus Polen ins Kaiserreich. Zu seiner Verbesserung wurde 1755 die Landstraße von Bielitz über Teschen und Troppau nach Nordböhmen erbaut. Sehr große Bedeutung hatte für Bielitz, wie auch für das auf der anderen Seite der Grenze liegende Biala, der Salzschmuggel aus den Salzbergwerken Wieliczka und Bochnia sowie der Tabakschmuggel. Dieses seit dem Anfang des 18. Jh. dauernde Prozedere beendete erst die 1. Teilung Polens 1772.

Lipnik – Biala 1457 – 1772

Die Gebiete jenseits der Bialka teilten das Schicksal des Fürstentums Auschwitz, das 1457 vom Polenkönig Kazimierz Jagiellończyk gekauft wurde und formell nach Polen zurückkam, obwohl die Eingliederung als Schlesischer Kreis der Wojewodschaft Krakau erst 1563/64 erfolgte. Gegenüber dem schlesischen Bielitz lag Lipnik (Kunzendorf), eine der größten Ortschaften des Fürstentums Auschwitz. Von 1499 an wurde das königliche Dorf und zugleich der Sitz der sog. stadtfreien Starostei in der Folge an verschiedene Starosten verpachtet. In der Reformationszeit wurde Lipnik infolge seiner Nachbarschaft zu Bielitz ein starker Mittelpunkt des Lutheranismus, jedoch fing auch hier ab Mitte des 17. Jh. die Gegenreformation an. 1564 wird zum ersten Mal Biala als Anhängsel von Lipnik erwähnt, an der schlesischen Grenze am Flüsschen Au (poln. Niwka) gelegen. In den folgenden Jahren kamen Weber aus dem benachbarten Bielitz her. 1613 wurde der Ort selbständige Dorfgemeinde. Zu seiner Entwicklung trug der 30jährige Krieg (1618-48) bei, nach dessen Ende eine große Emigrantenwelle von aus dem kaiserlichen Schlesien vertriebenen Evangelischen nach Biala einströmte. Sie befassten sich mit dem Großhandel in Leinen und gründeten mit Unterstützung des Lipniker Starosten 1667 eine Tuchmacherzunft. Wegen der peripheren Lage und kleinen Zahl von Katholiken erfreute sich Biala eine lange Zeit des religiösen Friedens. Erst seit der Installierung der Mission der Jesuiten 1708 begannen auch hier Religionskonflikte, die durch das ganze 18. Jh. anhielten. Das Wirken der Missionare trug Fruchte und in der Jahrhundertmitte überflügelten schon die Katholiken zahlenmäßig die Lutheraner.
1723 erhielt Biala das Stadtrecht vom polnischen König August II. dem Starken. Schon bald wurde der Ring abgesteckt und das Rathaus errichtet. Vom Beginn des 18. Jh. begannen zu den hier wohnenden Polen und Deutschen die Juden einzuwandern. Obwohl sie 1765 aus der Starostei Lipnik vertrieben wurden, kehrten sie in den folgenden Jahren zurück und siedelten sich in Komorowitz und in Lipnik an. In der Mitte des 18. Jh. war Biala das stärkste Zentrum der Tuchmacherei im westlichen Kleinpolen und ein wichtiger Handelsplatz an der Grenze zu Österreich. Ähnlich wie in Bielitz, blühte auch hier der Umschlag mit Salz und mit Tabak, woraus die Starosten von Lipnik einträglichen Nutzen einheimsten. Zur Zeit der Barer Konföderation (1768-1772) war Biala ihr wichtiger Mittelpunkt; im Rathaus wurde 1769 ihre oberste Aufstandsbehörde, die sog. Generalität, installiert (ins Leben gerufen). Nach der ersten Teilung Polens 1772 wurde Biala in Österreich eingegliedert, in die neu geschaffene Provinz Galizien. Nach 315 Jahren befanden sich nun die Ortschaften am Bialafluß wieder innerhalb der Grenzen eines Staates, dieses Mal im habsburgischen Österreich.

5 thoughts on “Zur Geschichte von Bielitz-Biala bis 1918

  1. Sehr interessant! Mein Urgrossvater hat ca. um 1870 in Bielitz – Biala in einem Spinnereibetrieb gearbeitet, kam ca. um 1875 im Alter von etwa 35 Jahren durch einen Unfall ums Leben und wurde auch dort begraben. Ich habe noch ein Foto von ihm.

  2. hallo vielleicht kan mir ja hier jemand helfen,ich bin auf der suche nach meinen grossvater.oder besser nach den wurzeln meines grossvaters und meiner famillie.

    er war
    ludwig ladislaus klimond
    und kamm aus bielsko biala und kamm nach österreich wo er meine grossmutter heirate.aber er starb leider schon sehr früh als mein vater erst 2 jahre alt war.
    am taufschein meines vaters kann man leider nicht mehr viel lesen nur das
    ludwig klimond
    am 18.2.1877 geboren ist und sein vater bau oder braumeister war.
    vielleicht kann mir ja jemand helfen würde mich freuen.
    liebe grüsse alexander klimond

  3. Meine Vorfahren hatten in Biala eine Weberei bis ca. 1936-40 und sie fliehen mussten nach Österreich Linz aD.

  4. Dies war sehr informativ zu lesen. Mein Urgrossvater Lange stammt aus Bielitz Biala. Da er seine Eltern früh verlor wuchs er bei Verwandten auf und musste in jungen Jahren auswandern um sich einen Lebensunterhalt zu suchen. So viel ich weiss war sein Vater in der Tuchmacherei tätig gewesen. Mein Urgrossvater wanderte bis nach St. Gallen in die Schweiz wo er auch wieder im Tuchhandel tätig war. Später arbeitete er bei der Schneiderei Mettler am Limmatquai in Zürich.
    Ich plane bald nach Bielitz zu reisen. Gibt es ein Archiv wo ich ev Informationen über meine Vorfahren Lange erhalten könnte?
    Vielen Dank

  5. Hat irgendjemand Informationen zu dieser Familie:
    Anton OCZKO *ca.1848 oo Maria HERGERDT – Kinder: Maria Alisia? *ca.1880 / Johann Anton * 3.4.1882 in Biala und mind. 1 weiterer Sohn? namens Wika? – der Familienvater war 1908 Gerichtskanzlist und lebte zw. 1908-1913 in der Augasse 58 in Biala – BIN DANKBAR für jede Hilfe, schreibt mit einfach 'ne E-mail – VG Stephanie

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